Super League und Werbung: Wie mit Fußball Geld verdient wird

Geschrieben von: Merle Keiser

Es hat etwas von einem kleinen Kind, das schon drei Stücke Torte gegessen hat und trotzdem keinem der anderen Geburtstagsgäste eines abgeben möchte. Die Pläne zu einer geschlossenen elitären Liga – der Super League – stoßen auf so viel Kritik, dass sie zwei Tage nach ihrer Verkündung schon wieder auf der Kippe stehen. Das Prinzip hinter der ganzen Super-League-Idee stößt auch mir direkt schlecht auf: Top-Vereine mit superreichen Investoren versuchen mit allen Mitteln noch reicher zu werden. 

Und das erinnert mich dann eben an das Geburtstagskind, das nicht nur alle Geschenke, sondern natürlich auch noch die Torte für sich allein beansprucht. Selbst dann, wenn es sie gar nicht schafft. Und ein großer Teil dieser Geld-Torte, die die Vereine jährlich backen, besteht aus Werbeeinnahmen. Da will ich einen genaueren Blick drauf werfen: Um welche Summen geht es hier? 

Fußball ist halt des Deutschen liebstes Kind

Über was reden wir hier überhaupt? Fußball. Wo die einen mit den Augen rollen, werden andere höchstemotional. Zumindest vor Corona waren hier Pyrotechnikeinsätze, Hooligans und Prügeleien an der Tagesordnung.

Aber Fußball ist auch ein Event, was den Fans vor allem diese eine Sache gibt, die durch die Pandemie vielleicht schon vergessen wurde: Gemeinschaft. Ob zusammen in einem Stadion oder vor dem Fernseher – Fußball verbindet. 

Und dieses Bedürfnis verstehe sogar ich als Nicht-Fan. Mir persönlich sind diese 90 Minuten meistens einfach viel zu lang. Vor allem dann, wenn Beamtenfußball gespielt wird und eine ganze Halbzeit lang kein Tor fällt. Aber Fußball ist halt des Deutschen liebstes Kind. Und das nicht ohne Grund. Die Entwicklung vom Proletensport zum Kulturgut ist eng mit der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland verbunden. 

Aus welchem Grund auch immer, für sehr viele Menschen ist Fußballschauen die beliebteste Freizeitbeschäftigung. Und das bedeutet auch: Da fließt eine Menge Geld. Beispielsweise durch Fernsehgelder und Werbeeinnahmen. Ich verrate hier kein Geheimnis: Profifußballer und Vereine verdienen Millionen. Und was liegt da näher, als mit einem weiteren Wettbewerb, noch mehr Geld verdienen zu wollen? 

Warum ist die Super League so »ekelhaft«?

Zwölf Clubs wollten ursprünglich die neue Super League gründen. Abgesprungen sind auf Druck der Fans und des Premierministers Boris Johnson allerdings nun schon wieder sechs: die »Big Six aus England«. Jeweils drei Clubs aus Spanien und Italien unterstützen die Pläne noch. Als Gründungsmitglieder eingeplant waren außerdem Borussia Dortmund, der FC Bayern München und Paris St. Germain. Diese lehnten die Pläne jedoch ab.

Zu den insgesamt 15 eingeplanten Clubs sollten sich schließlich noch fünf weitere hinzugesellen, die sich jährlich für den Wettbewerb qualifizieren. Alle müssten eine einmalige Antrittsprämie von 200 bis 300 Millionen Euro zahlen. Das sei auch in anderen Ligen so üblich, sagen die Verantwortlichen der Super League. Finanziert werde das Ganze von der US-Bank JP Morgan Chase mit 3,25 Milliarden Euro. 

Mehrere Jahre Planung gingen der Verkündung dieser geschlossenen Liga am 18. April 2021 voraus. In »supergeheimen« Meetings, deren Details der Presse nur wenige Stunden später bekannt waren, wurde die Super League besprochen und geplant. 

Aber was ist eigentlich an der ganzen Geschichte so »ekelhaft«, wie Lukas Podolski betitelte? Abgesehen davon, dass es nur um noch und noch mehr Geld geht, wäre bei der Super League dieses Geld eben schon bestimmten Vereinen vorbehalten. 15 Clubs ist eine Teilnahme garantiert. Keine Qualifikation, wie es für die meisten anderen Wettbewerbe üblich ist. Die Top-Clubs spielen unter sich und die Hoffnung der Fans anderer Clubs, an dem Wettbewerb teilzunehmen, wird geringgehalten. Diese 15 Clubs haben eine Wildcard. Eine Wildcard, um mehr und mehr Geld einzunehmen. 

Im Fußball wird eine Menge Geld durch Werbung erzielt

Laut Deutscher Fußball Liga (DFL) wurden in der ersten Fußball-Bundesliga in der Saison 2019/2020 insgesamt 3,8 Milliarden Euro erzielt. Davon waren 889 Millionen Werbeeinnahmen.

Hinzu kommen 1.489 Millionen durch die »mediale Verwertung«, also vordergründig durch den Verkauf der Übertragungslizenzen. Durch die Übertragung der Spiele verdienen die Fernsehsender oder Streamingdienste Geld. Dies natürlich auch durch die Ausstrahlung von Werbung.

Nimmt man also diese beiden Einnahmequellen zusammen, machen sie mehr als 60 Prozent aus. Die Einnahmen der ersten Bundesliga generell sind seit der Saison 2010/2011 stetig gestiegen. 2010/2011 lagen sie noch bei 1,9 Milliarden Euro, also annähernd der Hälfte der jetzigen Einnahmen. 

Die höchsten Einnahmen weltweit hatte in der Saison 2019/2020 der FC Barcelona mit insgesamt 715 Millionen Euro. Auch Real Madrid erreichte ähnliche Einnahmen. Bei beiden Vereinen machte Werbung ungefähr 50 Prozent aus. In Deutschland erzielten der FC Bayern München und Borussia Dortmund in dieser Saison die höchsten Einnahmen.

Mit 634 Millionen Euro landete Bayern München unterdessen auch auf dem dritten Platz weltweit. Borussia Dortmund liegt in Deutschland mit 365 Millionen Euro auf dem zweiten Platz. Bei dieser Zahl springt mir direkt in den Kopf, dass das eine Millionen Euro pro Tag sind – und der FC Barcelona hat doppelt so hohe Einnahmen. Auch beim FC Bayern München und Borussia Dortmund liegt der Anteil, den Werbung bei den Einnahmequellen ausmacht, bei rund um die 50 Prozent. 

Um es einfach zu halten: Für alle Einnahmequellen der Vereine gilt – ob Werbung, Fernsehgelder oder durch Ticketverkäufe »mehr Spiele gleich mehr Geld«. Und gerade die Initiatoren der Super League wollten darauf achten, dass die Spieler und Vereine trotzdem immer an Spielen ihrer nationalen Ligen teilnehmen können. Dafür sollten die Spiele der Super League extra unter der Woche stattfinden. Aus all diesen Kombinationen ergibt sich: Mehr Geld für ausgewählte Vereine. Mehr Geld für die Vereine, die sowieso schon viel Geld haben. Aus reich wird noch reicher. 

Eine Sekunde Werbung kann ganz schön teuer werden

Aber wie wird durch den Verkauf der Übertragungslizenzen wieder Geld gewonnen? Natürlich durch Werbung. Wer Werbung im Fernsehen schalten will, zahlt oft Sekundenpreise. Vor und nach Fußballspielen sowie bei anderen Großevents sind diese Preise besonders hoch. 

Für die ARD kümmert sich die ARD-Werbung SALES & SERVICES GmbH (AS&S) um den Verkauf der Werbeplätze. Die Kosten für einen Werbeplatz sind hier an einem Samstag mit Bundesliga deutlich höher als an einem Samstag ohne Bundesliga. Durchschnittlich erreichen die Werbeplätze hier einen Sekundenpreis von 1.423 Euro pro Sekunde, während der Preis ohne Bundesliga durchschnittlich bei 572 Euro liegt. 

Dies lässt sich auch in der Europameisterschaft 2021 wiederfinden. Bei solchen Großevents erreichte die ARD bisher immer einen sehr hohen Marktanteil mit beispielsweise 49,7 Prozent bei der Europameisterschaft 2016. Außerdem sollen 90 Prozent aller TV-Zuschauer mindestens einmal die EM-Berichterstattung eingeschaltet haben.

Mit diesen Einschaltquoten rechtfertigt sich dann auch der Sekundenpreis der Werbung. Dieser liegt schon bei Spielen ohne deutsche Beteiligung recht hoch. Der höchste Preis von 3.200 Euro pro Sekunde wird hier mit einer sogenannten »Double Countdown Split« Werbung vor der zweiten Halbzeit oder mit dem »Golden Break« vor Anpfiff erreicht. Diese sind allerdings nur in ganzen Werbepaketen erhältlich. Das teuerste Paket wird für 1,28 Millionen Euro verkauft. Als Vergleich dazu: Der teuerste Werbeplatz im Umfeld der Bundesliga kommt mit einem Sekundenpreis von 2.650 Euro aus. 

Wirft man einen Blick auf die Sekundenpreise bei Spielen mit deutscher Beteiligung, fällt dieser Unterschied noch viel stärker aus. Für eine »Golden Break« Werbung direkt vor dem Anpfiff zahlt man für eine Sekunde ganze 15.500 Euro. Das wäre somit fast sechs Mal so teuer wie eine Werbung während der Bundesligazusammenfassung. Verglichen mit dem Durchschnittspreis von 575 Euro pro Sekunde an einem »normalen« Samstag, bleibt mir hier nur noch der Mund offen stehen. 

Die Sekundenpreise der ARD nochmal im Vergleich: 

  • Mittel an einem Samstag ohne Bundesliga:  572 Euro 
  • Mittel an einem Samstag mit Bundesliga:  1.423 Euro 
  • Teuerste Werbung an einem Samstag mit Bundesliga:  2.650 Euro 
  • Teuerste Werbung EM 2021 ohne deutsche Beteiligung: 3.200 Euro 
  • Teuerste Werbung EM 2021 mit deutscher Beteiligung: 15.500 Euro

Ein Kindergeburtstag mit viel Kuchen für ausgewählte Freunde

An diesen Preisen wird schnell deutlich, um wie viel Geld es bei der Gründung einer neuen Liga eigentlich geht. Die Werbekosten sind rund um solche großen Events um einiges höher. Dazu kommen natürlich noch Ticketpreise und andere Einnahmequellen der Vereine wie Merchandising.

Logisch, dass hier die Fans ihre Clubs als »geizig« bezeichneten. Aber auch aus anderen Ecken kam Kritik an der Super League: Premierminister Boris Johnson drohte, alles zu tun, um die Pläne zu verhindern, und der zukünftige König von England, Prinz William, sprach sich ebenfalls gegen die Super League aus. Auch in Deutschland wurden die Pläne stark kritisiert. Rudi Völler, Geschäftsführer von Bayer 04 Leverkusen, nannte die Super League ein »Verbrechen am Fußball«. Bastian Schweinsteiger sprach davon, dass sie den Fußball, wie man ihn kenne, »zerstöre«. 

Ich muss also noch einmal an den Kindergeburtstag vom Anfang denken. Statt die Torte mit vielen Freunden zu teilen, lädt das Geburtstagskind nur noch wenige Freunde ein, die nicht nur mehr Geschenke, sondern auch noch Kuchen mitbringen. Ganz ehrlich, auf solch eine Party würde ich nicht gehen … 

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