Body Positivity – Werbung im Wandel
Geschrieben von: Lorena Elbrechter
In den letzten Jahren hat sich die Modewelt stark gewandelt. Wir sehen immer mehr Curvy Models auf Laufstegen, auf Titelbildern von Magazinen oder auch Schauspielerinnen, die nicht dem klassischen Schönheitsideal entsprechen, in Hauptrollen in Filmen oder Serien. Gleichzeitig gewinnen die Bewegungen »Body Positivity« und »Body Inclusivity« zunehmend an Bedeutung und werden immer bekannter.
Natürlich reagiert auch die Werbung auf diesen Trend. Ein wichtiger und längst überfälliger Punkt ist die Darstellung von Menschen mit verschiedenen körperlichen Merkmalen in der Werbung und nicht nur jener, die das aktuelle gesellschaftliche Schönheitsideal verkörpern.
Warum ist diese Veränderung so wichtig für die Entwicklung unserer Gesellschaft? Und warum gibt es dennoch Stimmen, die unzufrieden mit der Art und Weise der Repräsentation diverser Körper sind?
Body Positivity und Body Inclusivity
Body Positivity – dieser Ausdruck begegnet uns seit ein paar Jahren immer häufiger, wir alle haben ihn schon einmal gehört. Die Begriffe »Body Positivity« und »Body Inclusivity« stehen für die Akzeptanz aller Menschen, unabhängig von körperlichen Fähigkeiten, Geschlecht, Größe, Aussehen oder kultureller Identität. Besonders präsent ist der Begriff Body Positivity auf der Social Media-Plattform Instagram, wo er bis heute mehr als 7 Millionen Mal als Hashtag genutzt wurde. Der Hashtag #bodyinclusivity ist weniger geläufig und wird seltener genutzt, zum jetzigen Zeitpunkt sind es über 6.000 Mal. Doch ihren Ursprung fand die Bewegung laut Wikipedia bereits in den 1960er Jahren. Sie entwickelte sich aus dem »Fat acceptance movement«, welches die Aufmerksamkeit auf Hindernisse lenkte, denen füllige Menschen in der Gesellschaft ausgesetzt sind und Vorurteile aus dem Weg schaffen sollte.
Werbung in der Pflicht
Was macht diese Bewegungen, gerade in der Mode und der damit eng verbundenen Werbung, so wichtig? Werbung will uns fast immer ein bestimmtes Produkt verkaufen, wobei es bestmöglich in Szene gesetzt wird. Besonders problematisch wird das jedoch bei Kleidung. Die meisten Models sind groß und schlank und erfüllen gängige Schönheitskriterien. Diese entsprechen allerdings kaum dem Durchschnitt der Menschen, die die Mode kaufen sollen. Influencerin Marielle Elizabeth schreibt im Haute Stock-Blog, sie fühle sich in der Werbung nicht repräsentiert. Selten sieht sie in Magazinen oder Werbespots Körper, die ihrem eigenen ähneln. Wenn sie doch einen Körper, der ihren Maßen gleicht, in einer Werbung sieht, bedeutet es ihr sehr viel und fühlt sich an wie eine Einladung. Eine Einladung, potentielle Kundin der werbenden Marke zu sein. Und Marielle ist nur ein Beispiel von vielen. Viele Menschen fühlen sich durch Werbung persönlich nicht angesprochen und somit ausgegrenzt oder auch unter Druck gesetzt. Das muss nicht immer mit der Körperform zu tun haben, sondern kann auch an der Hautfarbe, dem Geschlecht oder einem körperlichen Merkmal liegen. Warum also nicht allen Menschen ein gutes Gefühl geben, indem man seine Marketingstrategie überarbeitet und alle Menschen gleichermaßen in Werbekampagnen mit einbezieht?
Wo Body Positivity schon angekommen ist
Viele Marken haben die Botschaft hinter Body Positivity und Body Inclusivity schon verstanden und werben bereits damit. Hier sind einige Beispiele:
Die »Men of Manual« Kampagne 2019
Manual ist eine Plattform für Männergesundheit. 2019 startete Manual zur Mental Health Awareness Week mit dem Thema Body Image und dessen Auswirkungen auf die mentale Gesundheit die Kampagne »Men of Manual«. Es wird gezeigt, dass alle Personen diverser Geschlechter Probleme mit ihrem Körper haben können. Das in den Medien häufig stereotype Bild eines Mannes sollte aus dem Weg geräumt werden. Die in der Kampagne gezeigten Männer entsprechen daher so gar nicht dem in der Werbung dargestellten, teilweise unrealistischen Schönheitsideal eines Mannes. Ziel der Kampagne ist es, Männern mehr Selbstbewusstsein zu geben und ihnen zu zeigen, dass sie keinem Schönheitsideal entsprechen müssen, um geliebt, geschätzt und geachtet zu werden.
Die »#AerieREAL« Kampagne
Aerie ist ein US-amerikanischer Bekleidungskonzern, der vorrangig Unterwäsche verkauft. In einem Werbespot auf Instagram von 2018 wirbt der Konzern mit dem Satz »Body Positivity? Always and forever«. Doch bereits im Jahr 2014 entschied sich die Marke dazu, keine Retusche an ihren Werbebildern mehr vorzunehmen und Models verschiedenster Körpergrößen, Körperformen und Hautfarben werben für die Marke. Auch ein Model im Rollstuhl ist auf der offiziellen Aerie Instagram-Seite mit 1,4 Millionen Abonnenten zu sehen. Zu der Body Positivity Idee von Aerie gehört auch der Hashtag #AerieREAL. Dieser wird unter viele Bilder des Aerie Instagram-Accounts selbst gepostet, aber auch Follower der Marke werden dazu aufgerufen, ihre Bilder mit dem Hashtag zu versehen. Eine Reihe von Studien belegten sogar, dass sich Frauen nach dem Anschauen dieser Werbespots wohler und selbstbewusster in ihren Körpern fühlen.
Glossier »Body Hero« Kampagne 2017
Fünf verschiedene Frauen zieren riesige Werbetafeln in Los Angeles und New York. Kurvig, schlank, durchtrainiert, schwanger – alle Models sehen unterschiedlich aus und stehen für Diversität. Die Rede ist von der im Jahr 2017 erschienenen Werbekampagne »Body Hero« der Marke Glossier. Glossier ist bekannt für ihre Hautpflege- und Make-up-Produkte und setzt mit Body Hero ein deutliches Zeichen: Du bist schön, egal, welche Form dein Körper hat. Bei der Kampagne steht vor allem die Haut der Models im Fokus, die dank der Pflegeprodukte von Glossier frisch und gesund strahlt.
ASOS
Eine Brand, die mir selbst beim Online-Shopping positiv aufgefallen ist, ist ASOS. Der britische Online-Versandhandel verkauft vorrangig Fashion und Beautyartikel und wirbt mit Models, die nicht retuschiert sind und ganz unterschiedliche Typen repräsentieren. Sämtliche Hautfarben, verschiedene Körperformen sowie Styles und Tattoos verdeutlichen die Vielfalt. Mit Dehnungsstreifen und Speck an den Hüften wirken die Models ungewohnt normal. Außerdem bietet ASOS in der Damenabteilung stylische Plus-Size-Mode unter den Namen ASOS CURVE und PLUS-SIZE an, die auch mit Plus-Size-Models beworben wird. Des Weiteren kann man bei Bademode explizit nach Bikinis suchen, die für große Brüste geeignet sind und es gibt auch Kategorien für besonders kleine oder besonders große Frauen, nämlich PETITE und TALL. Auch in der Männerabteilung finden sich die Kategorien PLUS-SIZE und TALL, auch hier beworben von einem Plus-Size-Model.
Body Positivity in der Kritik
Doch wie bei jedem Thema gibt es auch Stimmen, die dem ganzen kritisch gegenüberstehen. Der Fokus läge speziell auf Models, die »akzeptabel dick« seien und würde Menschen, die stark übergewichtig sind, erneut ausschließen. Auch würden sich Menschen, die ihren Körper nicht lieben, sondern ihm neutral gegenüberstehen, gezwungen fühlen, ihren Körper zu lieben, da im Zusammenhang mit Body Positivity oft von Selbstliebe gesprochen wird. Das kann ein Gefühl des Versagens hervorrufen.
Hier lässt sich also festhalten: Die Auswahl und Vielfalt der Models in Kampagnen, die mit Body Positivity werben, ist immer noch ausbaufähig und kann noch verbessert werden. Auch ist »Body Neutrality« ein Begriff, über den man sich Gedanken machen sollte. Viele Menschen haben das Ziel, ihren Körper einfach nur zu akzeptieren, anstatt ihn zu feiern.
Des Weiteren halten viele Menschen den Body-Positivity-Trend für bedenklich, da so schnell das Bild eines ungesunden Lebensstils vermittelt und somit verherrlicht werden würde. Das eigene Gewicht ist ein sensibles Thema und man muss nicht alles gut finden, was andere machen. Jedoch sollte man jeden Körper so akzeptieren, wie er ist und sein Gegenüber stets respektieren. Dieses Thema hier ausführlich zu behandeln, würde allerdings zu weit gehen.
Fazit
Meiner Meinung nach sollten alle Marken Diversität in ihren Werbekampagnen berücksichtigen. Jeder Mensch verdient das Gefühl, wertgeschätzt, gesehen und repräsentiert zu werden. Wir sind nicht alle gleich und genau das macht uns besonders.