Marketingeinflüsse aus den Medien

Geschrieben von: Nicolai Becker

Sacha Baron Cohen als Borat

Jeder kennt sie: die Werbung aus Filmen. Ob unterschwellig oder penetrant, spielt da eigentlich keine Rolle. Ob unterschwellig oder penetrant – sie beeinflusst uns sowieso. Aufgrund des hohen Medienkonsums, der ja heutzutage schon fast zum guten Ton gehört, treffen wir häufig Kaufentscheidungen, die wir vorher nicht gemacht hätten. Wir sehen einen Instagrampost von einer trendigen Location auf den Malediven und plötzlich möchten wir dort unbedingt hin, obwohl wir eigentlich Urlaub im eigenen Land machen wollten. Oder wir sehen ein Beautyprodukt, auf das wir schlagartig auf keinen Fall verzichten können und schon landet das Wundermittel bei uns im Einkaufswagen.

Wie ich auf das Thema »Marketingeinflüsse aus den Medien« gekommen bin? Ich habe mir »Borat 2« auf Amazon Prime angeschaut. Wie auch schon der erste Teil polarisiert der zweite durch eine Mischung aus Frauenfeindlichkeit, Homophobie und Antisemitismus. Die schmale Gratwanderung, die der Schauspieler Sacha Baron Cohen dabei vollzieht, mag für den einen mega witzig sein. Andere fühlen sich verletzt und angegriffen. Aber vor allem fragt man sich, was denn wohl die kasachische Bevölkerung zu den ganzen negativen Stigmatisierungen durch den Schauspieler sagt.

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(Quelle: Borat 2, Amazon Prime Video © Courtesy of Amazon Studios)

Der Werbespot – die Antwort auf den Film, aber von wem?

Nachdem der erste Film von der kasachischen Regierung im Jahr 2006 noch verboten wurde, schlägt die Regierung dieses mal einen komplett anderen Weg ein, um den Trend der ansteigenden Visaanfragen, welche nach dem ersten Film schon stark angestiegen sind, fortzuführen. »Kazakhstan. VERY NICE!« lautet jetzt der offizielle Werbeslogan der kasachischen Tourismuskampagne. Den dafür eigens produzierten Werbetrailer könnt ihr euch auf YouTube anschauen.

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(Quelle: youtube.com/Kazakhstan Travel)

Obwohl Cohen sich bereits auf ein weiteres Duell mit der kasachischen Regierung gefreut hat, kam es nie dazu. Die Verantwortlichen haben dazu gelernt und meiner Meinung nach, perfekt darauf reagiert. Kairat Sadvakassov, der Vize-Chef der kasachischen Tourismusbehörde, mit Master in Tourismusmanagement, hat sich in der New York Times relativ positiv zu dem neuen Film geäußert. Auch wenn es, wie er es nennt, »nicht die schönste Art und Weise ist, wahrgenommen zu werden, ist es in der momentanen Situation durch Corona wichtiger denn je, Aufmerksamkeit zu generieren.« Ein Mitarbeiter des Tourismusmanagements, namens Mr. Keen, hatte den glorreichen Einfall, ein Werbevideo zu drehen und setzte diese Idee um. Mr. Keen absolvierte in Standfort seinen Master, heiratete in Almaty und verdiente sein Geld mit Stadttouren für Touristen in der Hauptstadt Nur-Sultan. 

Er ist sozusagen der kasachische Borat, denn er hat vor seiner Tätigkeit in der Tourismusbehörde sogar eine Fernsehshow im Staatsfernsehen geführt, in der er durch die Welt reist und verschiedene Kulturen kennenlernt.

Aber nun zum Werbespot: er fängt mit imposanten weitwinkligen Landschaftsaufnahmen der Berge an, welche sicherlich sehr geeignet für Instagram-Travelblogs wären. Es folgen Filmszenen eines belebten Marktes mit zahlreichen kulinarischen Köstlichkeiten in schillernden Farben. Diese Bilder sprechen sicherlich auch viele Menschen an — einschließlich mir, da ich auf Reisen viel lieber Geld für Essen ausgeben, als für alles andere. Schließlich sieht man die Hauptstadt Kasachstans, eine Mischung aus Tradition mit futuristischen Fassaden. Der Claim der Tourismuskampagne  »Kazakhstan. VERY NICE!« wird nach jedem Abschnitt kurz eingeblendet und rundet das Ganze sehr gut ab. Ein cleverer Werbespot, der viele Zielgruppen anspricht und an aktuelle Trends anknüpft.

So wird nach einem Filmabend der nächste Urlaubsort geplant, an den man vorher gar nicht gedacht hätte. Dass ein Film, der eigentlich nur zur Unterhaltung dient, auch einen Einfluss auf regionales Werbemarketing im gezeigten Land hat, ist selten. In diesem Fall jedoch hat Kazachstan aus seinen Fehlern gelernt und den Hype positiv in den größtmöglichen Nutzen umgewandelt. Wie ich finde, perfekt umgesetzt.